Das Paradigma von der Singularität von Auschwitz erfuhr eine essentialistische Dekontextualisierung, die paradoxe Ideologien der Nichtintervention erzeugte. Nicht zur Beunruhigung dient die Rede von der Singularität mehr, sondern zur Beruhigung. Was es für Kritische Theorie heute bedeutet, dass Auschwitz sich nicht als Kopie wiederholen kann, sich aber als allzu »Ähnliches« mehrfach wiederholte, wird an einigen Ideologemen aufgezeigt, die in der vermeintlichen oder tatsächlichen Tradition Kritischer Theorie entstanden. Der Genozid in Ruanda stellt konventionelle marxistische Ableitungen ebenso in Frage, wie er die extreme Kränkung produzierte: Dass Gesellschaftskritik – als notorisch unorganisierte oder in Einzelwissenschaften wie »genocide studies« und »holocaust studies« neutralisierte – in den Jahrzehnten nach Auschwitz nicht einmal Genozide ähnlichen Ausmaßes vorab zu bestimmen und zu verhindern wusste.